Die Presse: Griechisch Orthodoxe Kirche schießt im Namensstreit quer


Unerwartet ist in Griechenland der Kampf um den Namen des Nachbarlandes Mazedonien neu entbrannt: Die orthodoxe Kirche meldete sich im Namenskonflikt zu Wort. Nach ihrer ersten Sitzung im neuen Jahr stellten die Bischöfe Griechenlands fest, dass sie keinen Namen für das Nachbarland akzeptieren würden, der das Wort „Mazedonien“ enthält. Erzbischof Hieronymos, sonst als besonnener Kirchenführer bekannt, erläuterte, die Kirche habe in der Namensfrage mitzureden, da es sich nicht nur um ein politisches, sondern auch um ein Kirchenthema handle.

Die Regierung wurde von diesem Querschuss überrascht. Regierungssprecher Dimitris Tzanakopoulos meldete sich vorerst überhaupt nicht zu Wort; dafür soll Außenminister Nikos Kotzias nach Darstellung der Opposition die Haltung der Kirche mit der Linie der neonazistischen Goldenen Morgenröte gleichgesetzt haben, was kaum zur Entschärfung der Situation beitragen dürfte.

Anfang der Neunzigerjahre hatte der Namensstreit zu nationalistischen Ausbrüchen vor allem in Nordgriechenland und zeitweise sogar zu einem Handelsembargo gegen den jungen Nachfolgestaat des alten Jugoslawien geführt. In Griechenland existiert eine Region „Mazedonien“, die Verwendung des Namens durch den Nachbarn wird als Aggression gewertet. Schließlich einigte man sich auf eine provisorische Benennung als Ehemalige Jugoslawische Republik Mazedonien. In der Praxis wird der kleine Balkanstaat allerdings längst von vielen Staaten als „Mazedonien“ geführt.

Knapp vor Durchbruch


In den vergangenen Monaten hat sich ein gutes Gesprächsklima zwischen der Regierung Tsipras und Zoran Zaev, dem sozialistischen Ministerpräsidenten von Mazedonien, herausgebildet. In Griechenland zeigte man sich optimistisch, dass man 2018 in der Namensfrage den Durchbruch schaffen könnte. Sogar die rechtspopulistischen Unabhängigen Griechen, der Juniorpartner des Radikalen Linksbündnisses Syriza in der Regierung, ließ sich auf eine gemeinsame Linie festlegen: einen zusammengesetzten Namen mit geografischem Bestandteil, der sowohl in Mazedonien selbst als auch international verwendet wird. In dieser Phase kommen die nationalistischen Querschüsse der orthodoxen Kirche der Regierung alles andere als gelegen.

Hintergrund für den Zorn des Erzbischofs ist tatsächlich ein Kirchenthema: Die nationale orthodoxe Kirche Mazedoniens, die von der griechischen Kirche als schismatisch angesehen wird, führt „Mazedonien“ im Namen und hat sich außerdem unter den Schutz der bulgarischen Kirche gestellt, obwohl für sie eigentlich die serbische orthodoxe Kirche zuständig ist. Das will Erzbischof Hieronymos nicht tolerieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.01.2018)