Polizeipräsidentin: Mazedonische Sonne kein Straftatbestand

Der Polizeieinsatz in der Nordkurve 2013 wegen einer mazedonischen Flagge war Auslöser einer langwierigen und kritischen Debatte. Jetzt gibt es neue Aussagen dazu - und Susanne Hein-Reipen kommentiert.


Auf einer eigens anberaumten gemeinsamen Pressekonferenz des FC Schalke 04 und der Polizei Gelsenkirchen - eine Premiere - plaudern Peter Peters und Anne Heselhaus-Schroer, seit 2014 Polizeipräsidentin in Gelsenkirchen über die anstehenden EL-Duelle.

Das Spiel sei ein "Hochbrisanzspiel", dennoch freue sich die Polizei auf viele begeisterte Fans. Anne Heselhaus-Schröer meint, das Spiel 2013 sei vor ihrer Amtszeit gewesen, aber die Bilder hätten die Polizei Gelsenkirchen betroffen gemacht.

Peter Peters ergänzt, normalerweise seien in der Liga keine Gäste-Fans in Saloniki. Es werde also etwas besonderes, dass 1.400 Schalker kommen und ihr Team supporten. "Wir haben intensiven Kontakt zu PAOK und sind schon dorthin gereist, um alles zu besprechen."

Heselhaus-Schröer stellt klar, dass das Zeigen der mazedonischen Flagge KEINEN Straftatbestand erfülle und von allen akzeptiert werden müsse. Dazu hat die Polizei Gelsenkirchen für das Rückspiel einen "Fanbrief" auf Deutsch und Griechisch aufgesetzt. Peters setzt hinzu, dass es "wünschenswert" sei, wenn Provokationen dennoch unterbleiben - durch alle Besucher und Fans.

Endlich! Auf dieses deutliche Eingeständnis haben die Schalkefans seit dreieinhalb Jahren gewartet.

Im August 2013 hing beim CL-Qualifikationsspiel zwischen Schalke und Saloniki in der Nordkurve neben anderen Blockbannern auch eine ca. 1,50 x 1 m große Fahne der Ultras aus Skopje, die eine Fanfreundschaft zur UGE pflegen. Der auf diesem Banner abgebildete „Stern von Vergina“, teilweise auch als "mazedonische Sonne" bezeichnet, ist aufgrund des angespannten Verhältnisses zwischen Griechenland und Mazedonien in Hellas nicht sehr beliebt. In Deutschland sind beide Symbole vollkommen legal.

Die Polizei Gelsenkirchen ließ sich aber von einigen Saloniki-Funktionären einreden, die Fahne sei "volksverhetzend". Sie provoziere ihre mitgereisten Anhänger womöglich zu einem Platzsturm. Daraufhin marschierte die Polizei mit mehreren Hundertschaften und massivem Pfeffersprayeinsatz in die vollbesetzte Nordkurve ein, weil die Ultras die Fahne nicht freiwillig herausgeben wollten. Am Ende blieben 87 durch Pfefferspray verletzte Personen zurück. 

Polizei und Innenministerium verteidigen den Einsatz bis heute als recht- und verhältnismäßig. Auch wenn die Fahne nicht wie zunächst angenommen „volksverhetzend“ gewesen sei, hätte man nur so dem möglichen Platzsturm durch die Saloniki-Fans vorbeugen können.  In einer Landtagsanhörung und späteren Urteilen wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt ist immer die Rede davon, dass entscheidend allein die Erkenntnisse der Polizei im Zeitpunkt des Einschreitens sind - und diese habe sich gefährlich dargestellt.

Es ist richtig, dass bei Gefahrenabwehr die Lage zum Zeitpunkt des Einschreitens zählt, weil in der Regel keine Zeit für lange Recherchen ist. Juristen sprechen dabei von der "ex ante"-Beurteilung. Das verkennen auch die Schalkefans nicht, auch wenn es durchaus naheliegend gewesen wäre, gegen die vergleichsweise wenigen potentiellen Randalierer und nicht eine mit über 10.000 Zuschauern besetze Kurve vorzugehen. Nur: Die Polizei hätte im Nachhinein und im Licht der neuen Erkenntnisse klüger werden und eine Entschuldigung oder das Eingeständnis einer Fehleinschätzung abgeben sollen.

Letzteres ist heute, wenn auch spät und indirekt, passiert. Die Fahne ist und war legal. Es gibt KEIN Fahnenverbot, kein erneutes Einknicken vor einigen möglichen Hitzköpfen unter den Gästefans.

Danke dafür! 

QUELLE: Westline